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Dossier « Sans-papiers
en Europe »
Im Rahmen der Tagung des Europarats in Sevilla im Juni 2002, wo die
zukünftige, gemeinsame Immigrations- und Asylpolitik einen großen
Raum eingenommen hatte, wurden die Rechte der in erster Linie Betroffenen,
der Angehörigen von Drittstaaten, nur am Rande angesprochen.
Die Rechte derer, die de facto Einwohner sind, einmal sans-papiers,
ein anderes Mal Illegale genannt, wurden in keiner Weise erwähnt.
Ein weiteres Mal drehte sich das Wesentliche der Debatten um die Überwachung
der Grenzen, die Möglichkeiten der legalen Wiedereinreise in die
Herkunftsländer und die polizeiliche Zusammenarbeit im Kampf gegen
die illegale Einwanderung. Europa, in dem Masse wie es sich von Schritt
zu Schritt konstruiert, entwirft Regelungen, die darauf abzielen - so
gibt es vor - die ,,Migrationströme in den Griff zu bekommen."
Den einen den Zugang zum europäischen Territorium verweigern,
die Integration der anderen organisieren diejenigen, die von
den europäischen Wirtschaften, den Rentensystemen sogar, gebraucht
werden das ist die ,,Verwaltung", die uns angekündigt wird.
Während auf die angekündigte, große Vereinheitlichung
der europäischen Migrationspolitiken gewartet wird, verschärfen
sich die Haltungen in jedem einzelnen Staat der Union. Hinter dem Begriff
der Verwaltung verbergen sich Regelungen wie auch die administrativen
Praktiken, die oftmals nichts anderes als eine Mischung von Repression,
von Betrugsverdacht und von Vorenthaltung von Rechten sind. Von Zeit
zu Zeit, wenn die Situation der Verzweiflung nahe kommt, wenn die Bewegungen
der sans-papiers eine breite Unterstützung und Solidarität
finden, geht die öffentliche Gewalt zu breitangelegten Legalisierungen
über. Daraus entsteht aber auch gleich wieder die Unrechtssituation
derer, die den Sklaven des dritten Jahrtausends gleichen.
Die politischen Instanzen der Europäischen Union arbeiten beispielsweise
an der Verabschiedung von Texten über das Recht der Familienzusammenführung
oder über die Minimalnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern.
Aber auch wenn sie die Notwendigkeit gegen die Fremdenfeindlichkeit
und den Rassismus zu kämpfen ansprechen, so schenken sie den Rechten
der ausländischen EinwohnerInnen wenig, und im Besonderen den Illegalen
gar keine Aufmerksamkeit, die durch diskriminierende Regelungen erst
zu dem gemacht worden sind, was sie sind.
So ist es jetzt an der Zeit, auf europäischer Ebene ein wahrhaftes
Recht der MigrantInnen zu verankern.
Denn sie sind da. Einige zehn, vielleicht sogar einige hunderttausende
auf der Gesamtheit des europäischen Territoriums. Sozusagen ein
Wassertropfen im Verhältnis zur Unordnung, die auf dem Planet Erde
herrscht. Ein Wassertropfen, der als eine Springflut oder ein unerträglicher
Strom dargestellt wird und so der Fremdenfeindlichkeit und dem Rassismus
Nahrung verschafft.
Diese Angehörigen armer, instabiler oder sich im Krieg befindender
Länder haben Europa gewählt, für immer oder für
einige Jahre. Die meisten von ihnen arbeiten dort, ziehen manchmal ihre
Kinder groß; sie konsumieren; einige nehmen am Leben ihrer Viertel
teil, handeln in ihrer nächsten Umgebung. Viele spielen eine wichtige
Rolle in der Entwicklungshilfe für ihr Dorf oder ihre Region, oder
ganz einfach für das Überleben vieler ihnen Nahestehender,
die im Land geblieben sind. Sie tragen also sowohl zum wirtschaftlichen
und kulturellen Reichtum Europas als auch zur Entwicklung des Rests
der Welt bei.
Es ist unerträglich, es dabei zu belassen, dass diese Menschen,
wovon einige schon seit Jahren mit uns leben, von allem ausgeschlossen
bleiben, worauf die Staatsbürgerschaft gründet, dass sie in
der permanenten Angst leben, abgeschoben zu werden, dass sie elementarer
Rechte enthoben sind und dass sie zur Beute von Kriminellen jeglicher
Art werden: illegale Arbeitgeber, Eigentümer von menschenunwürdigen
Wohnungen, Zuhälter etc..
Das Argument des Irrealismus gegenüber denen, die sich gegen die
Behandlung, die ihnen entgegengebracht wird, auflehnen, ist schon seit
langer Zeit entkräftet worden: die europäischen sans-papiers
sind da, weil sie Arbeit finden; und wenn sie wahrhaftige Rechte hätten,
dann könnten sie auch in die Sozialversicherung einzahlen, und
viele von ihnen würden aktiv werden und Arbeitsplätze schaffen.
Das Risiko, einen ,,Sogeffekt" hervorzurufen, wurde bisher nicht bewiesen.
Nichts sagt vorher, wenn man die Bewegungsfreiheit an den Pforten Europas
begünstigt, dass man dann nicht Ein- und Ausreisen in beide Richtungen
feststellen könnte, mit der spontanen Abreise derjenigen, die gerade
ihr Glück in Europa versucht haben.
Was im Gegenzug dazu sicher ist, ist, dass der Respekt der Werte des
Rechtsstaats den Kampf gegen jede Form der Ungleichheit mit einschließt
und Sonderstatute, die Einzelnen zugewiesen werden, nicht tolerieren
kann.
Aus diesen Gründen halten wir es für gerecht zu fordern:
-
dass alle de facto Einwohner auf dem Gebiet der Europäischen
Union dort wo sie sind einen Aufenthaltsstatus erhalten;
-
dass die europäischen politischen Instanzen es zu einer Verpflichtung
aller Mitgliedsstaaten machen, diese Menschen gegen diejenigen zu
schützen, die sie ausbeuten, und ihnen den Zugang zu Rechten
garantieren, die aus ihrer Anwesenheit und ihrer Arbeit hervorgehen;
-
dass die Staaten der Europäischen Gemeinschaft Maßnahmen
ergreifen, die auf die Abschaffung der Situationen zielen, in denen
es Ausländer ohne Titel und ohne Recht gibt, und die einen
Status des europäischen Einwohners einführen;
-
dass Europa das Recht auf Freizügigkeit für alle, ohne
Ansehen der Staatsangehörigkeit, als Grundsatz aufnimmt;
-
das in kürzester Zeit die Frage der jetzigen sans-papiers
durch eine Richtlinie geregelt wird, die die Mitgliedsstaaten dazu
verpflichtet, zu einer Legalisierung aller sans-papiers überzugehen.
13. September 2002
Erstunterzeichner:
Belgique - Collectif Solidarité contre l'Exclusion, CADTM (Comité
pour l'Annulation de la dette du Tiers Monde), CRACPE (Collectif de Résistance
Aux Centres Pour Etrangers), Décembre 18, HAND-in-HAND, Kairos Europe,
LDH Belgique francophone (Ligue des droits de l'Homme), MRAX (Mouvement contre
le racisme, l'antisémitisme et la xénophobie), Le Piment, Universal
Embassy
Deutschland - Agisra-Köln (Arbeitsgemeinschaft gegen Internationale
sexuelle und Rassistische Ausbeutung), Antiracism Office Bremen, Arbeitskreis
zur Unterstützung von Asylsuchenden e.V., Asyl in der Kirche, AWO (Arbeiterwohlfahrt
Bundesverband - Bonn), FIZ (Fraueninformationszentrum für Frauen aus Afrika,
Asien, Lateinamerika und Osteuropa), Fluchtlingsinitiative Bremen, FRC (Flüchtlingsrat
im Kreis Coesfeld), IBIS-Interkulturelle Arbeitsstelle für Forschung, ILA
(Informationsstelle Lateinamerika), Interkulturelles Frauenzentrum SUSI, JungdemokratInnen/Junge
Linke Landesverband Berlin, Kanak attak, Komitee für Grundrechte und Demokratie,
MediNetz Bremen, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V., MigrantInnen,
Promondial (Organisation für emanzipatorische Zusammenarbeit), Remedio
e.V., Solidaritätsnetz Bern und Umgebung für menschen ohne geregelten
Aufenthalt, Verein zur Foerderung und Integration auslaendischer Jugendlicher,
Zentralamerikakomitee
España - Asociación familiar Rondilla, Asociación
pro derechos humanos de andalucía, Fundación Etnopolis, Los Verdes
de Andalucía, SOS Racisme Catalunya, SOS Racismo España
France - AC ! (agir ensemble contre le chômage !), Acort (assemblée
citoyenne des originaires de Turquie), Act-Up Paris, AFJD (association française
des juristes démocrates), Alternative couleur citoyenne, Alternative
Libertaire, AMF (association des marocains de France), ASTTu (association de
solidarité avec les travailleurs turcs), ATF (Association des Tunisiens
en France), ATMF (association des travailleurs maghrébins de France),
ATTAC (Association pour la Taxation des Transactions pour l'Aide aux Citoyens),
Ballon Rouge, Casss-papiers Brest (collectif d'action de soutien et de solidarité
avec les personnes sans-papiers de Brest), Catred (Collectif des accidentés
du travail, handicapés et retraités pour l'égalité
des droits), Cedetim (centre d'études et d'initiatives de solidarité
internationale), Cnafal (conseil national des associations familiales et laïques),
Collectif arabe des sans-papiers de Marseille, Collectif Corrézien de
Soutien aux Sans-papiers, Collectif de soutien à la démocratie
et aux victimes de la violence politique en Algérie, Collectif de soutien
aux demandeurs d'asile et sans-papiers, Confédération paysanne,
Collectif Portugais Pour Une Pleine Citoyenneté, Comité des Femmes
Arabes de France, Coordination nationale des sans-papiers, Cultures & Citoyenneté,
Dal (Droit au logement), Droits Devant !!, École Émancipée,
Emmaüs Aquitaine, Emmaüs Insertion, Emmaüs Développement,
Fasti (fédération des associations de solidarité avec les
travailleurs immigrés), Fédération Artisans du Monde, Femmes
de la terre, FGTE-CFDT (fédération générale des
transports et de l'équipement - CFDT), FCE (Forum Civique Européen),
FTCR (fédération des Tunisiens de France pour une citoyenneté
des deux rives), Gisti (groupe d'information et de soutien des immigrés),
La Marmite, LDH (Ligue des droits de l'homme), Longo maï, Migrant contre
le Sida, Migrations Santé, Moi sans toit, Mrap (Mouvement pour la réconciliation
et l'amitié entre les peuples), Odu (observatoire du droit des usagers),
Pays d'Allier-Solidarité Afrique, Ras l'front, Sud Culture, Sud Éducation,
Sud PTT, Sud Rail, Turbulences
Hellas - Antiratsistiki Protovoulia Thesalonikis, CGC (Communauté
congolaise de Grèce), Diktio Koinwnikis Ypostirixis Prosfigwn kai Metanastw,
Sudanese Community in Greece, Turkish minority movement for human and minorities
rights
Italia - ASGI (associazione studi giuridici sull'immigrazione), Associazione
Cancelaria - Donne immigrate, Associazione delle Donne del Tigray, Avvocati
contro la guerra, CDS (Casa Diritti Sociali), CESTIM (Centro Studi Immigrazione),
CIAC (Centro Immigrazione Asilo e Cooperazione), CIE (Centro d'Iniziativa per
l'Europa), Coordinamento giuristi democratici, CRED (Centro di ricerca ed elaborazione
per la democrazia), CRESM (Centro di Ricerche Economiche e Sociali per il Meridione),
Filcams- Cgil (Federazione Italiana Lavoratori Commercio Turismo e Servizi -
Confederazione Generale Italiana del Lavoro), Filef Lombardia (federazione Italiana
Lavoratori migranti e famiglie), Liberimigranti, Lunaria, Naga, sindacato CIB.
UNICOBAS, sindacato UNICOBAS SCUOLA, Todo Cambia, Trama di Terre, UCODEP (immigrazione
e lotta alla discriminazione)
Nederland - The Commission JPIC (Justice Peace Integrity of Creation)
of the Missionaries of Africa, Sans-papiers au pays bas
Österreich - ANAR (Austrian Network Against Racism), BDFA (Bunte
Demokratie für Alle), Die Bunten, SOS Mitmensch
Portugal - African Cultural Centre from Setúbal , SOS Racismo
Portugal
Switzerland - Centre de contact suisses-immigrés/SOS Racisme,
CSSI (Commission socialiste de solidarité internationale), Mouvement
suisse des sans-papiers, Syndicat Comedia
United Kingdom - Campaign Against Racism and Fascism, Colombia Peace
Association, Globalise Resistance, Ilpa (Immigration Law Practitioners' Association),
NNRF (Nottingham and Notts. Refugee Forum), Kalayaan (Justice for migrant domestic
workers), TERF (Trans-European Roma Federation), National Coalition of Anti-Deportation
Campaigns
International structures - AEJDH (association européenne des
juristes pour la démocratie et les droits de l'homme dans le monde),
Collectif Romeurop, Coordination européenne pour le droit des étrangers
à vivre en famille, ENAR (European network against racism), FIDH-AE (Association
européenne pour la défense des droits de l'Homme), MRI (Migrants
Rights International), PICUM (Platform for International Cooperation on Undocumented
Migrants), Réseau européen des Euromarches, UNITED for Intercultural
Action (European network against, nationalism, racism, fascism and in support
of migrants and refugees)
Political formations supporting the call - PRC (partito della rifondazione
comunista - Italia), Comitato per i diritti dei migranti e popoli (Italia),
Giovani Comunisti federazione del PRC (Italia), KPÖ (Kommunistische Partei
Österreichs), LCR (Ligue communiste révolutionnaire - France), Les
Piments Rouges (Belguim), The Greens | European Free Alliance
Die neuen Organisationsunterschriften (nicht individuelle
Unterschriften), sind, durch Fax an die 00 (33) 1.43.14.60.69 oder durch
mail angisti [AT] gisti.org zu
senden.
Dernière mise à jour :
3-11-2002 17:09
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